Mein Katastrophen-Papa, meine neue Freundin und ich by Wolfram Haenel

Autor:Wolfram Haenel [Haenel, Wolfram]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783843210263
Amazon: 3843210268
Herausgeber: Baumhaus Verlag GmbH
veröffentlicht: 2012-10-11T22:00:00+00:00

3½

»Mann, du stinkst ja vielleicht nach Knoblauch!«, stöhnt Liane, als ich ihr zur Begrüßung einen Kuss auf die Wange geben will. »Was habt ihr denn gegessen? Muss ja widerlich gewesen sein …«

Wir stehen an der Bushaltestelle. Und eigentlich müssten wir natürlich zur Schule. Aber wir haben gestern Abend am Telefon noch schnell verabredet, dass wir im Moment weiß Gott Wichtigeres zu tun haben.

»Wir können es uns gar nicht leisten, in die Schule zu gehen«, hat Liane gemeint. »Jede Minute, die wir bei dem Schubert rumsitzen, ist pure Zeitverschwendung!«

Also nehmen wir den Bus in die andere Richtung. Zwei Stationen später sind wir am Theater. Ich ziehe Liane mit mir durch die Toreinfahrt in den Hof, wo die Werkstätten sind. Liane hüpft aufgeregt neben mir her, und alle paar Meter bleibt sie stehen und will irgendwas wissen. Ob ich glauben würde, dass sie vielleicht einen echten Theatervorhang übrig hätten. Oder eine Wand, auf die der Sonnenuntergang bei Capri gemalt wäre. Oder vielleicht sogar einen Scheinwerfer mit einer roten Farbscheibe, den man genau auf die Wand mit dem Sonnenuntergang richten könnte.

»Kennst du diesen Hansi eigentlich gut?«, fragt Liane gerade und zupft mir vor Aufregung am Ärmel rum, als wolle sie ausprobieren, wie haltbar mein Sweatshirt ist.

»Geht so«, antworte ich. »Aber er ist auf jeden Fall voll in Ordnung.«

Hoffe ich wenigstens. Ich kenne diesen Hansi nämlich eigentlich gar nicht weiter. Aber das sage ich natürlich nicht. Und auch nicht, dass er der Einzige ist, den ich von den Leuten aus den Werkstätten überhaupt schon mal gesehen habe. Weil bei den Premierenfeiern oder irgendwelchen Partys immer nur irgendwelche Schauspieler da waren. Aber irgendwelche Schauspieler würden uns im Moment verdammt wenig nützen …

:->

Hansi ist der Schlosser vom Theater. Ich war mal zusammen mit meinem Vater bei ihm, als an meinem Kinderrad irgendwas abgebrochen war, das Hansi dann wieder angeschweißt hat. Und das ist schon ziemlich lange her. Ungefähr so lange wie die Zeit, als ich eben noch mein Kinderrad hatte!

Ich klopfe an die Tür, an der in fetten Buchstaben

Schlosserei

steht. Ich habe keine Ahnung mehr, wie Hansi damals überhaupt aussah. Aber ganz bestimmt nicht wie der alte Hippie mit dem Vollbart, der uns jetzt die Tür aufmacht.

»Hallo«, sage ich. »Ist Hansi da?«

»Steht vor dir«, antwortet der alte Hippie, der offensichtlich doch Hansi ist.

»Klar«, behaupte ich schnell, »weiß ich doch.«

»Logisch«, sagt der alte Hippie, »und was wollt ihr von Hansi?«

»Wir müssen reden«, entgegne ich wichtig. »Können wir reinkommen?«

Hansi hält uns wortlos die Tür auf. Ich zwinkere Liane schnell zu, um ihr zu zeigen, dass ich alles voll im Griff habe. Aber sie sieht irgendwie nicht so ganz überzeugt aus.

Hansi wuchtet seinen Hintern auf eine Werkbank, die mit großen und kleinen Schrauben und allem möglichen anderen Kram übersäht ist.

»Setzt euch«, sagt er und zeigt neben sich.

Ich schiebe ein paar Schrauben beiseite, um Platz für Liane und mich zu machen.

Hansi greift in eine Werkzeugkiste und holt irgendwas raus, das aussieht wie eine alte Autoantenne, an die vorne jemand einen Fingerhut angeschweißt hat. Er selber wahrscheinlich. Und erst, als er anfängt,

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